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Theater Nikola Landshut e.V.

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Der Fall Rautermann

Landshut Aktuell vom 11. Mai 2010

 

Es ist nicht so, wie es scheint

Theater Nikola schafft mit Entführungskrimi „Der Fall Rautermann" Betroffenheit

Rauterman, ein verdächtigter Kinderschänder wird entführt. Vier Freunde einer betroffenen Mutter wollen Gewissheit, ihm ein Geständnis abtrotzen, via Internet Druck auf die Politiker ausüben end strengere Gesetze einfordern. Brandaktuell ist also Jürgen Baumgartens Stück "Der Fall Rautermann", das er 2001 für einen Theaterwettbewerb schrieb. Es geht ihm dabei allerdings nicht in erster Linie um das Thema Kindesmissbrauch sondern um die Frage, wie weit man gehen kann, wenn jemand verdächtigt wird.

In seinem Stück, das am Wochenende vom Theater Nikola in Landshnt aufgeführt wurde, schwingen sich die Entführer wie seiner Zeit die RAF zu Richtern auf, werden dabei selbst Opfer ihrer Vorurteile und letztendlich Täter.

Kritik LA vom 11. Mai 2010

Wer ist Opfer, wer Täter? Die Konfrontation der Mutter (Sonja Trompke) eines der vermissten Kinder mit dem vermeintlichen Kinderschänder Rautermann (Karlheinz Attenkofer) ist die span¬nendste Szene im „Fall Rautermann".

Durch die unterschiedlichen Charaktere und Argumentationen entwickelt sich ein ambivalentes Spiel zwischen Realität und Vermutung, Vorurteilen und hybrider Selstüberschätzung.

Wenn das Stück auch unter der Regie von Rudolf Karl zuweilen ins humoresk Banale abrutscht, gelingen durch die schauspieierische Leistung, insbesondere durch Karlheinz Attenkofer als vermeintlicher Kinderschänder Szenen emotionaler Betroffenheit.

In einem abgedunkelten Keller, festgebunden an einem Stuhl verliert der Entführte, Gerd Rautermann. seine menschliche Würde. Immer brutalere Methoden wenden seine Entführer an, um ein Geständnis zu erzwingen. Versagen die Nerven, erfolgt der Griff zur bedrohlichen Waffe.

Ein raffinierter Kinderschänder - ist Rautermann das? Die vier Entführer sind fest davon überzeugt, auch wenn die bisherige Anklage nur auf Indizien beruht. Thorsten, der Anführer (Josef Reindl) verwandelt sich zunehmend in einen selbstherrlichen Gewaltmenschen. Fasziniert von seiner Macht, über das Internet die Massen zu bewegen, plädiert er am Schluss, ohne mit der Wimper zu zucken, für den Tod des Entführten.

Schließlich steht die "ganze Community" hinter ihm: 5000 von 80 Millionen so die ironische Berechung. Seine Freundin Tina (Angela Jackermeier), eine Krankenschwester, ist derselben Meinung. Schließlich hätte sie Rautermann, als sie ihn während der Wache wegen Harndrangs losbinden wollte, fast erwürgt. Eine packende Szene - Rautermann mit heruntergelassener Hose eben noch ein Häufchen Elend plötzlich ein manischer Würger, der die eher mitfühlende Krankenschwester in ihrer Panik fast zur Mörderin werden lässt.

So oszilliert das Stück permanent zwischen Opfer und Täter, zwischen MeinungsmacherThorsten und den Mitläufern, einem völlig überforderten Ehepaar (Sabine Wiesner und Rainer Weiher), zwischen sensationssüchtigen Internetusern und der völlig zermürbten Mutter eines der vermissten Kinder.

Sonja Trompke spielt diese Mutter mit traumatisierter Authentizität. Als sie dem vermeintlichen Kinderschänder gegenübersitzt - die ergreifendste Szene des Abends - träumt sie von ihrer kleinen'Tochter und Rautermann träumt weiter: einen Alptraum des Verbrechens.

Die Fakten für die Überführung sind geschaffen, glaubt man. Mitnichten. Rautermann hat nur einen Romanausschnitt erzählt.

"Der Fall Rautermann" macht betroffen und nachdenklich. Die Inszenierung bietet jede "Menge Diskussionsstoff auch für junge Theaterbesucher

Michaela Schabel


Landshuter Zeitung vom 27. April 2010

 

Alle wollen nur Gerechtigkeit

Das Theater Nikola greift mit „Der Fall Rautermann" aktuelle Fragen auf

Von Katrin Filier

Verdient ein Mörder Gerechtigkeit? Ist das Gesetz zu lasch? Werden die Bürger zu wenig überwacht? Was zählt Freiheit? Um elbstgerechtigkeit und Selbstjustiz dreht sich das neueste Stück des Theaters Nikola. Diese Themen in einem Kammerspiel anzugehen, ist keine leichte Aufgabe. Es ist bei der Premiere am Samstag aber gelungen.

„Das ist schließlich meine erste Entführung", sagt Sonja am Anfang, als alle nervös und übereifrig sind. Da hat das Publikum noch gut lachen. Gerade ist Rautermann in den Kellerraum gezerrt und an einen Stuhl gefesselt worden. Die vier Entführer, eigentlich unbescholtene Bürger, sind noch etwas tolpatschig. Sie halten Rautermann für einen vierfachen Kinderschänder und -mörder, den die Polizei hat laufen lassen. Mit der Entführung fordern sie härtere Gesetze. Wie aber sollen die aussehen?

Kritik Rautermann LZ

In dem Stück geht es um Täter- und Opferschutz und um polarisierende Fragen wie Todesstrafe, Selbstjustiz, Überwachungsstaat und Hetze gegen mutmaßliche Täter. Darum, wie solche Dinge Menschen bewegen und auch verändern. Rudolf Karl hat mit dem „Fall Rautermann" zum ersten Mal Regie geführt. Es hat lange gedauert, bis alle so zueinander gefunden haben, dass das Spiel einfach glattläuft. Zumal die Schauspieler zwei Stunden lang in einem einzigen Bühnenraum spielen, sagte er. Doch dann hat es geklappt. Auch die Umsetzung ist gelungen.

Ein schlichtes Bühnenbild, graue Vorhänge als Kellerwände, ein Schreibtisch, ein Stuhl. Rudolf Karl benutzt - auch eine gute Idee - eine Videoleinwand neben der Bühne: Anfangs sind darauf Zeitungsartikel über Kindermörder, Verurteilungen und jahrelange Haft für einen Unschuldigen zu sehen. Später, wenn Rautermann (Karlheinz Attenkofer) von seinen Entführern und der Mutter eines der verschwundenen Mädchen verhört wird und mit dem Rücken zum Pubilkum sitzt, ist darauf live in Großaufnahme sein Gesicht zu sehen.

Es zeigt Unverständnis, Entsetzen, Überheblichkeit. Und der Zuschauer weiß so wenig wie die Entführer: Spielt er all das nur? Ist er der Mörder? Und was taugen erzwungene Geständnisse? Am Ende läuft alles auf die Frage hinaus, ob einer, der einen Mörder tötet, selbst keiner ist, weil er nur eine gerechte Strafe wollte.

 

Das Stück funktioniert auch dank der Darsteller, die die Veränderungen der Figuren gut zeigen. Die Mutter Sonja (Sonja Trompke) gibt sich plötzlich gegenüber Rautermann zu erkennen. Tina (Angela Jackermeier) wird von ihm manipuliert und, als sie das erkennt, hart. Silvia (Sabine Wiesner), anfangs ängstlich, behält einen kühlen Kopf, als Thorsten (Josef Reindl) die anderen aufhetzt. Jens (Rainer Weiher) hingegen wird ruhiger und objektiver. Alle machen eine Wandlung durch und stellen damit die eigenen Positionen und die Werte der Gesellschaft in Frage.

Und am Ende kommt eine überraschende Wende. Das Publikum am Samstag war sehr angetan, doch der Schritt manches Zuschauers nach Hause war langsamer als sonst, nachdenklich. Theater ist nicht nur Unterhaltung, auch Laientheater nicht, und so ist, trotz des Themas, von einem gelungenen Abend zu sprechen.

Die nächsten Aufführungen sind am 30. April und 1. Mai, jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es bei der Hochneder 'sehen Buchhandlung, Rosengasse, und abends unter


Telefon 54278. Mehr im Internet unter www.theater-nikola.de.