theaternikolabannertop

Theater Nikola Landshut e.V.

Buehne Landshut

Interessenverband der freien

darstellenden Künste

Visitor Counter

474905

Theater Nikola Kalender

April 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11 12 13 14
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28
29 30 1 2 3 4 5

Ereignisse

Keine Termine

Sommernachtstraum

Landshuter Zeitung vom 20. Oktober 2008 

Der Traum erschließt die Wirklichkeit

Am Samstag war Premiere von Shakespeares "Sommernachtstraum" im Theater Nikola

Marcel Reich-Ranicki hat ihn bei der Diskussion über die Güte des Fernsehens als Beispiel für intelligente Unterhaltung vorgeschlagen: William Shakespeare. Thomas Gottschalk meldete seine Bedenken an, ob dieser Autor bei einem breiten Publikum Verständnis fände. "Ein Sommernachtstraum" allerdings - geschrieben vor 400 Jahren, neu übersetzt von Frank Günther, aktuell in Szene gesetzt von Matthias Hoffmann und gespielt vom Ensemble des Theater Nikola - bietet einen vergnüglichen Abend mit Niveau. Und das ganz ohne erhobenen Zeigefinger. 

"Einen seltenen Traum" habe sie gehabt, sagt die Figur Zettel nach ihrer Rückverwandlung von der Esels- in die Menschengestalt. Einen seltenen Traum hat sich auch der erst 26-jährige Regisseur Matthias Hoffmann erfüllt. Der seit Kindesbeinen mit dem Theater Nikola verbundene Theaterwissenschaftler hat sich seit mehr als einem Jahr mit Shakespeares Drama auseinandergesetzt. Den "Sommernachtstraum" des frühen 17. Jahrhunderts, der mit seiner Feenwelt und dem Spiel im Spiel gerne mit opulentem Bühnenbild inszeniert wird, hat er mit der Nüchternheit der Moderne auf die Handlung konzentriert. So erklärt sich, dass auch Shakespeare 2008 noch etwas zu sagen hat.
Die aus vier Strängen bestehende Handlung kommt mit einem offenen funktionalen Bühnenbild aus: Ein auch als Bühne auf der Bühne fungierendes Doppelbett, umrahmt vom einem zum Zuschauerraum hin abfallenden Steg, dahinter eine erhöhte Rampe, und das Spiel kann beginnen. Das Athener Fürstenpaar Theseus und Hippolyta bereitet seine Hochzeit vor. Vier junge Leute, Hermia und Lysander sowie Helena und Demetrius, benötigen einen Zaubertrank, um sich als richtige Paare zusammenzufinden. Der Elfenkönig Oberon überlistet seine Frau Titania, um an einen Lustknaben zu kommen. Einfältige Handwerker proben das Drama "Pyramus und Thisbe" und führen es, zu einer Farce entstellt, vor dem Athener Brautpaar vor.
Dieses Stück im Stück erzählt die Geschichte eines Liebespaars, Pyramus und Thisbe. Thisbe flieht vor einem Löwen, der ihren Mantel mit Blut benetzt; Pyramus findet ihn, geht von ihrem Tod aus und ersticht sich. Thisbe sieht den Leichnam und folgt ihm ins Grab. Damit sind die wesentlichen Handlungselemente erzählt. Dem Stück als Ganzes wird dies allerdings nicht gerecht.
Voll Tempo, Charme und Witz entführt es den Zuschauer in die verschiedensten Welten, konfrontiert ihn mit unterschiedlichsten Lebensentwürfen und zeigt einen Lösungsweg auf: Man arrangiert sich. Ob man die Komplexität der Wirklichkeit annähernd durchschaut, mehr oder weniger falsch interpretiert (wie Pyramus) oder überhaupt nicht wahrnimmt, spielt dabei fast keine Rolle. Entscheidend ist einizg die Einsicht, dass der Mensch Kräften ausgesetzt ist, die weit über seine Fähigkeit zu Einsicht reichen.
Folgerichtig verzichtet die Inszenierung auf jedwede schwerblütige Philosophie. Stattdessen spielt es
mit der Oberfläche der Erscheinungen, die - im Leben wie auf der Bühne - nicht immer das sind, was sie vorgeben. Und den Schauspielern, voller Spielfreude, gelingt es, diese Schein-Welten stimmig herzustellen. Besonders hervorzuheben sind die Hauptfiguren, die Doppelrollen Theseus/Oberon (Reinhart Hoffmann) Hippolyta/Titania (Astrid Steinberger) Puck/Philostrat (Karlheinz Attenkofer), und die Nachwuchsdarsteller, die Hermia (Marie-Therese Hoffmann) Helena (Michaela Karl) Lysander (Stephan Goderbauer) und Demetrius (Martin Heisl) spielen. Als Höhepunkt erwiesen sich jedoch Rudolf Karl als Pyramus, Mathias Paintner als Thisbe und Georg Lackermeier als Wand in der berühmten Wand-Szene.

 

Von Hanne Wendleder


Wochenblatt vom 22. Oktober 2008 

Unterhaltsame Liebesschnulze

 

Nikola spielt den Sommernachtstraum - und lässt den Nachwuchs ran

Ich geb's zu: Der Sommernachtstraum von Shakespeare ist nicht unbedingt mein Lieblingsstück. Das liegt zum einen daran, dass mir Liebesschnulzen - egal ob im Kino, Fernsehen oder auf der Bühne - nicht so liegen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich die Filmfassung mit Michelle Pfeiffer schon zweimal im Heimkino gesehen habe - aber nie so ganz mitgekriegt habe, wer jetzt mit wem und warum überhaupt. Das lag unter anderem an der arg verschwurbelten Sprache des Textes aus dem 16. Jahrhundert und den komplexen Verwirrungen des Liebesreigens. Nach zehn Minuten schalten die kleinen grauen Zellen bei mir da einfach mangels Interesse auf Sparmodus. Umso überraschender, dass das Nikola-Theater geschafft hat, wo Michelle Pfeiffer bislang gnadenlos versagt hat: Ich hab den Sommernachtstraum begriffen - und er hat richtig Spaß gemacht. 

 

Zum einen liegt das daran, dass Regisseur Matthias Hoffmann - übrigens feiert der studierte Theaterwissenschaftler mit dem

Stück seine gelungene Premiere als Regisseur - es tatsächlich schafft, eine typische Shakespeare-Bühne im Rahmen des Machbaren im Pfarrsaal aufzubauen. Viel Schnickschnack gibt - und braucht - es nicht. Der Leistung der Schauspieler ist es zu verdanken, dass zum Beispiel ein Ränke schmiedender Elfenkönig Oberon (glänzend gespielt von Reinhart Hoffmann) auch im labbrigen Chicago-Bulls-T-Shirt und in Wanderstiefeln glaubhaft rüberkommt und sich der Zuschauer trotz eher sparsamer Kulissen und seltsamer Kostüme in einen Zauberwald oder einen Königspalast versetzt fühlt.

Keine Frage: Shakespeare hätte das gefallen. Apropos Schauspieler: Da hat sich im Theater Nikola mit dem neuen Stück ein spürbarer Generationenwechsel vollzogen.
Neben bewährten Akteuren, wie den bereits erwähnten Reinhart Hoffmann (als Oberon und Theseus) sowie Astrid Steinberger (Hippolyta und Titania, die Elfenkönigin) in Doppelrollen, Karlheinz Attenkofer (als Puck genial) und der schauspielerischen Urgewalt Rudolf Karls als tölpeliger Nikolaus Zettel, glänzte in erster Linie der weibliche Nachwuchs.
Vor allem Marie-Therese Hoffmann als überzeugend schwer verliebte Hermia und Michaela Karl als Helena sorgten für frischen Wind auf der Theaterbühne.
Alles in allem ein unterhaltsamer Theaterabend - trotz Sommernachtstraum und trotz eines Schmachtfetzens aus dem 16. Jahrhundert mit verzwickter Handlung.


Alexander Schmid


Landshut Aktuell vom 22. Oktober 2008

Anhaltender Applaus für Shakespeares „Sornmernachtstraum" im Nikola-Theater Landshut

 

Drei verliebte Paare finden ihr Glück - auf Umwegen versteht sich. Shakespeares meist gespielte Komödie „Sommernachtstraum" ist ein amüsant verwickeltes Verwirrspiel auf drei Ebenen, ein Spiel im Spiel und noch ein Spiel dazu.
Theseus' Hochzeit mit Hippolyta steht an. Gleichzeitig liebt die schöne Hermia Lysander. Sie soll aber Demetrius heiraten, der wiederum von Helena geliebt wird - eine komplizierte Sache, die in Chaos ausartet, als Oberen, der Elfenkönig, eingreift. Puck, sein Diener und Narr, bringt durch den falsch verstreuten Liebeszauber die falschen Paare zusammen. Dem nicht genug, sorgt eine bäuerliche Handwerksgruppe, die durch ein Liebesspiel für die Hochzeit ihr Salär aufbessern will, für zusätzliches Durcheinander. So wird alles „ganz und gar verzettelt".
Unter der Regie von Matthias Hoffmann mausert sich dieser selbstironische „Firlefanz, der nicht mehr Wert als ein Traum" zum turbulent, neckisch parodistischem Verwirrspiel von Schein und Sein, bar jeglicher Romantisierung, heutig durch die erfrischende Übersetzung von Frank Günther und doch sehr ursprünglich im Aufführungsstil der Shakespeare Company: bunt, simpel und doch effektvoll, etwas schräg die Kostüme, die Bühne universal nutzbar. Ohne Umbau wechseln die Spielebenen mit wahrhaft boulevar-deskem Tempo. Um ein mächtiges Himmelbett führt der Laufsteg, gleichzeitig Versteck und Zuschauerrampe, flankiert von einem gespannten Netz als Blumenwiese. Brecht'sche Verfremdung lässt grüßen, vor allem im dümmlich platten Spiel der Handwerker. Was sie „vertuschen, zu verpfuschen, ist der Reiz".
Der Reiz der Inszenierung ist die fast slapstickarlige Parodisierung. Oberon und Puck als allgegenwärtige neckische Quälgeister, stechen wie Mücken auf die verwirrten Liebenden ein - ein herrlicher Regieeinfall.
Überwältigend sind Textsicherheit und schauspielerische Umsetzung des gesamten Ensembles. Reinhart Hoffmann brilliert als Oberon und Theseus, an seiner Seite Astrid Steinberger als entwaffnend charmante Titania bzw. Hippolyta. Volkstümlich urig amüsiert Rudolf Karl als verwandelter Esel und Möchtegern-Pyramus. Überaus talentiert präsentiert sich der Nachwuchs: Michaela Karl als Helena und Marie-Therese Hoffmann als Hermia. Überragend, durch und durch ein Puck, vermittelt Karlheinz Attenkofer die Atmosphäre großen Theaters.
Mit weiter Geste, Mut zum parodistischen Pathos, viel Temperament und sichtbarer Spielfreude gelingt den Nikolaner - ganz im Sinne Shakespeares - ein kurzweiliger, unterhaltsamer Shakespeare-Abend.


Michaela Schabel